In der Ortenau wurden fünf Gründe festgestellt, die Wähler bei der Landtagswahl von der Wahlurne fernhielten. Glosse von Gerd Zimmermann
63,5 Prozent der Wähler haben an der Landtagswahl am 14. März 2021 teilgenommen. 2016 lag die Wahlbeteiligung noch bei 70,4 Prozent. Der deutliche Rückgang ist überraschend. Etliche Politologen haben ein Ergebnis auf dem Niveau von 2016 erwartet.
Warum haben die Experten im Vorfeld eine höhere Wahlbeteiligung gesehen? Sie führen einen ganzen Strauß von Gründen an, wobei der Hinweis auf die USA heraussticht. In den USA habe sich bei der vergangenen Präsidentenwahl, Donald Trump oder Joe Biden, einmal mehr klar gezeigt, wie entscheidend Wahlen sind. In einigen US-Staaten war ersichtlich, dass schon sehr wenig Mehrstimmen ausreichen können, um einen Wahlsieg zu bestimmen. Unverständlicherweise sorgte die turbulente, widersprüchliche und spannende US-Präsidentenwahl für keinen Push bei der Landtagswahl Baden-Württemberg.
Auch auf die Frage „Wer sind die Nichtwähler in Baden-Württemberg?“ gibt es etliche Antworten oder Begründungen, wie Politologen mit ihren Einschätzungen und befragte, gestandene Ortenauer zeigen. Bleiben wir in der Ortenau und übernehmen die hiesigen Aussagen. Die Nichtwähler bei der vergangenen Landtagswahl können unterteilt werden in:
Sesselfurzer: Sie sind desinteressiert, faul, phlegmatisch, ziehen den Platz im Sessel oder auf der Couch dem Gang in die Wahlkabine vor. Dennoch interessiert sie die Wahlergebnisse. Um informiert zu sein, nicht weil sie für eine bestimmte Partei sind. Sie wollen bei Bedarf kompetent mitreden können.
Protestwähler: Sie gehen aus Protest nicht zur Wahlurne. Sie meinen, ihr Fernbleiben ist Protest gegen bestehende Verhältnisse genug. Auch sie interessieren sich für die Wahlergebnisse, die selten ihren Erwartungen entsprechen. Danach kritisieren sie Wahlergebnisse sehr engagiert. Sie sagen oft: „Das habe ich doch schon vorher gewusst.“
Nichtaktive: Sie sind politisch nicht oder nur sehr mäßig interessiert. Sie meinen, Wahlen gingen sie nichts an. Die Wahlen seien für andere, die unbedingt meinen, ihre Zeit für politische Dinge opfern zu müssen. Sie sehen sich auch als viel zu klein oder unbedeutend an, um etwas verändern zu können. Wahlergebnisse interessieren sie nicht. Was genau anders sein sollte, davon haben sie keine Vorstellung.
Unzufriedene: Sie sehen ihre Anliegen von keiner der wählbaren Parteien vertreten. Sie haben klare Vorstellungen, was geändert werden muss, damit sie und auch die Gesellschaft zufrieden sind. Sie interessieren sich für Wahlergebnisse am Rande, denn egal wie die ausfallen, sie können nicht wirklich erfreulich sein. Die bestehenden Verhältnisse werden fast ausnahmslos kritisiert. Viele von ihnen sind von Berufs wegen unzufrieden, sehr vieles um sie herum passt ihnen nicht.
Enttäuschte: Das sind frühere Wähler, die irgendwann enttäuscht wurden und sich deshalb zurückgezogen haben. Sie sehen keine Chance mehr, dass ihre einstigen Anliegen irgendwann doch politisch aufgegriffen werden. Sie haben mit dem System „Wahlen“ abgeschlossen. Jedes Wahlergebnis, einerlei wie es ausfällt, nährt ihre Enttäuschung.