Für Bundesfamilienministerin Franziska Giffey leiten „Quotenfrauen“ das notwendige Umdenken in der Gesellschaft ein.
von Martine de Coeyer
Ein Thema, das Frauen und Männer gleichermaßen angeht und mit etlichen Vorurteilen, Halbwahrheiten und Falsch-informationen behaftet ist, lautet „Gleichstellung“. Eng verbunden mit dem Begriff „Quotenfrau“, der auch von denen abgelehnt wird, die für ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis sind. Das erscheint unlogisch.
Für die Fachzeitschrift „Personalwirtschaft“ ist der Widerspruch klar. Der Begriff „Quotenfrau“ ist negativ besetzt, denn jede Frau könnte eine gesetzlich vorgeschriebene Quotenfrau sein, auch die am wenigsten geeignete. Dazu kommt, dass durch Qualifikation und Fähigkeit ausgewiesene Männer wegen der Statistik hochgehievte Frauen akzeptieren müssen. Das bedeutet, Unmut, Gegenwind und Ablehnung seitens der Männer und der Frauen, die nicht zum Zug kamen, sind vorprogrammiert. Dem Fachblatt entsprechend möchte aus diesen Gründen keine Frau eine „Quotenfrau“ sein: Können soll die Karriere bestimmen, nicht die Statistik.
Beim Anerkennen von Können gelte es, bei Frauen kein Minus durch Familie und Kinder sowie bei Männern kein Plus aufgrund einer sogenannten Familienunabhängigkeit anzurechnen. Gleichberechtigung im Berufsleben hieße: Beide Geschlechter sind auf Augenhöhe durch gleiche Ausbildungschancen und Aufstiegschancen, Familienphasen mit eingerechnet. Das meint auch SPD-Bundesfamilienministerin Franziska Giffey. Darüber hinaus hält sie ein gesellschaftliches Umdenken, vor allem in der Männerwelt, für notwendig. Dabei seien bestehende Strukturen aufzubrechen, was in der Wirtschaft auf Freiwilligenbasis bisher nicht wirklich klappte. Unverändert sind die Führungsetagen hauptsächlich männlich ausgerichtet.
Um das zu ändern, muss eine gesetzliche Regelung her, so Giffey, und mit ihr die gesamte SPD. Zu lange wurde auf Freiwilligkeit gesetzt. Seit 25 Jahren fordert das Grundgesetz in Artikel 3 die Gleichstellung von Frauen und Männern, ohne echten Praxiseinschlag. Deshalb wurde auf SPD-Betreiben ein entsprechender Passus im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD reingeschrieben. Zudem gründeten die Sozialdemokraten das Projekt „Gleichstellung“. Doch in der GroKo, mit der CDU/CSU als Gegenpart, ging alles nur sehr schleppend, wenn überhaupt, voran.
Inzwischen hat sich das Blatt gewendet. Dank des unermüdlichen Engagement der SPD-Bundesfamilienministerin. Sie sorgte dafür, dass das Thema nie in der Versenkung verschwand, sie hielt stets nach Mitstreitern Ausschau, auch unter den „Schwarzen“, mit Erfolg. Zusammen mit SPD-Parteigrößen, darunter Olaf Scholz, Christine Lamprecht und Hubertus Heil, mit Frauenverbänden und Gewerkschaften, kam im vergangenen April schließlich der Durchbruch. Mit der CDU/CSU konnten neun Verbesserungsvorschläge zur Gleichberechtigung in Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur, Wissenschaft und Politik sowie eine Frauenquote in Vorständen vereinbart werden. „Wir machen Schluss damit, dass die eine Hälfte der Bevölkerung in den Vorstandsetagen großer Unternehmen nicht repräsentiert ist“, sagte Olaf Scholz nach der Vereinbarung.
Künftig muss in Unternehmensvorständen mindestens eine Frau vertreten sein, wenn der jeweilige Vorstand aus mehr als drei Personen besteht. Zudem muss der Frauenanteil in Aufsichtsräten vergrößert werden. Passiert in den Unternehmen nichts, folgen tatsächlich Bußgelder. In Unternehmen, an denen der Bund eine Mehrheitsbeteiligung hält, gilt ebenso: Bei einem Vorstand aus mehr als zwei Personen ist mindestens eine Frau zu berücksichtigen. Für den Aufsichtsrat ist eine feste Mindestquote von 30 Prozent vorgeschrieben. In Körperschaften des öffentlichen Rechts, Bereich Sozialversicherungen (Gesetzliche Krankenkassen, Arbeitsagentur), muss mindestens eine Frau im Vorstand vertreten sein. Im Öffentlichen Dienst des Bundes ist bis 2025 eine Frauenquote von 50 Prozent in Führungspositionen vorgesehen.
Laut Bundesfamilienministerin Franziska Giffey war es nicht leicht, in der schwarz-roten Koalition überhaupt eine Einigung zu finden. Die getroffenen Vereinbarungen bewertet sie, wie Olaf Scholz, Christine Lamprecht und Hubertus Heil, als einen riesengroßen SPD-Erfolg auf dem Weg der Gleichberechtigung. Sie ist optimistisch, dass die Gleichstellung in allen Lebensbereichen erreicht werden kann. Auch weil die SPD hier keine Ruhe gibt.