Erfahrungen aus Freiburg mit Tele-Notärzten sollen in den Ortenaukreis einfließen
Nicht bei jedem Einsatz ist ein Notarzt vor Ort, Notfallsanitäter ersetzen Notärzte teilweise, indem sie ärztliche Leistungen übernehmen. Jetzt sollen Notfälle noch besser versorgt werden: Tele-Notärzte sagen Rettungs- oder Notfallsanitätern via Video, was sie am Einsatzort zu tun haben, überhaupt oder bis ein Arzt eintrifft. Projekte mit Tele-Notarztzentralen in Nordrhein-Westfalen und Bayern laufen gut, in 2023 geht es testweise in Baden-Württemberg los, in Freiburg. Die Erfahrungen aus dem Breisgau sollen die Richtung im Ortenaukreis vorgeben.
Das Testprojekt kann auf unterschiedliche Weise vonstattengehen. Mehrere Tele-Notärzte befinden sich in einer Zentrale, vom Einsatzort übermitteln Rettungskräfte die Körperdaten des Patienten, zum Beispiel Vitaldaten wie die Herzfrequenz. Aufgrund dieser Daten und der am Einsatzort aufgenommenen Videobilder kann ein Tele-Mediziner eine Behandlung bestimmen. Über Bodycams an der Kleidung der Sanitäter sowie über Kameras am und im Krankenwagen ist der Patient stets im Blick des entfernten Mediziners. Er kann jederzeit weiterführende Behandlungsmaßnahmen durchgeben, bis der Patient von einem Arzt real übernommen oder in ein Krankenhaus eingeliefert wird.
Darüber hinaus wird wertvolle Zeit gewonnen. Nicht selten ist es im Breisgau, im Ortenaukreis, überhaupt im ganzen Schwarzwald so, dass Rettungswagen und Notarztwagen unterschiedliche Entfernungen zu einer Einsatzstelle zu bewältigen haben. Muss der Arzt eine weitere Fahrstrecke zurücklegen, bedeutet dass: die ärztliche Behandlung beginnt erst mit seinem Eintreffen, nicht mit dem Eintreffen der Rettungssanitäter - sofern unter diesen nicht ein Notfallsanitäter ist, der einige ärztliche Grundmaßnahmen durchführen kann. Reichen diese Grundmaßnahmen für die Patientenversorgung nicht aus, vergehen wertvolle Minuten. Dieses Manko kann mit dem Tele-Notarzt beseitigt werden.
Ärzteschaft begrüßt Tele-Notärzte
Den Einsatz von Tele-Notärzten begrüßt die Arbeitsgemeinschaft Südwestdeutscher Notärzte. Sie sehen eine deutliche Verbesserung des Rettungswesens. Die Ärzte könnten innerhalb kürzester Zeit Hilfe an verschiedenen Orten leisten, gleichzeitig stünden sie für Einsätze zur Verfügung, bei denen ihre Anwesenheit vor Ort unumgänglich ist. Gemäß dem Innenministerium von Baden-Württemberg dürften die Videomediziner das Rettungswesen erheblich verbessern. Verkehrsbedingte Verzögerungen in der Versorgung durch den Notarzt, der aus Gründen der Flexibilität nicht mit dem Rettungswagen, sondern mit einem eigenen Fahrzeug zur Einsatzstelle fahren muss, gibt es so gut wie nicht mehr. Mit dem Eintreffen der Rettungssanitäter am Einsatzort ist auch der Tele-Notarzt dabei. Weiter macht das Innenministerium klar, dass es ebenso künftig ohne den notfallerprobten Mediziner vor Ort nicht gehen kann. Es werde immer Einsatzsituationen geben, in denen es ohne reale ärztliche Hilfe nicht geht. Der klassische Notarzt könne nicht ersetzt werden.
Die Freiburger Erfahrungen dürften laut dem Landesinnenministerium Erkenntnisse in drei Richtungen bringen. Sie beeinflussen die Reformentscheidungen, die im Bereich der medizinischen Versorgung anstehen. Landkreise wie der Ortenaukreis könnten sich noch effizienter aufstellen. Der ländliche Raum, zum Beispiel die Schwarzwaldtäler, wäre besser versorgt. Dies auch hinsichtlich des Tele-Hausarztes. Erwartet wird, dass es ihn ab Mitte diesen Jahrzehnts als Ergänzung zum bisherigen Hausarztangebot gibt.
Gerd Zimmermann