Foto (v. l): Julia Letsche, Birgit Seitz, Richard Groß, Andreas Stoch, Dr. Martina Bregler, Hans-Peter Kopp
Was tun, wenn der Staat oder die Kommune Versprechen wie die frühkindliche Bildung nicht mehr einlösen können, weil die Fachkräfte fehlen? Diese Frage stellte Hans Peter Kopp (SPD Offenburg und Sozialbürgermeister) im Gespräch mit Andreas Stoch im Büro der SPD Offenburg, begrüßt vom Ortsvereinsvorsitzenden Richard Groß. Der SPD-Parteivorsitzende Baden-Württembergs diskutierte mit Mitgliedern der SPD-Fraktion und des Offenburger Vorstands.
Stoch war gekommen, um sich über das „Offenburger KiTa-Modell“ zu informieren. Es sei Ergebnis zahlreicher Diskussionen, um dem Mangel an pädagogischen Fachkräften entgegenzuwirken und gleichzeitig die Bildungs- und Betreuungsqualität zu erhalten. „Eine Vergrößerung der Gruppen kam nicht infrage, das wäre zu Lasten der Qualität sowie der Arbeitsbedingungen unserer Fachkräfte gegangen“, so Kopp. „Unsere Erzieher*innen sollen wirksam pädagogisch arbeiten können und nicht nur möglichst viele Zeiten abdecken. Stattdessen wurden die Zeiten mit pädago-gischen Fachkräften auf maximal sieben Stunden täglich fest-gelegt. Weitere zwei Stunden Spiel- und Betreuungszeit und damit ein Ganztagsangebot, das laut Kopp von rund einem Drittel der Kinder in Anspruch genommen wird, deckt ein freier Träger, die Malteser, ab. „Deren Betreuer*innen sind keine pädagogischen Fachkräfte, haben aber Erfahrung mit Kindern und sind motiviert. Ihre Arbeit hat eine andere Qualität und die Kinder bekommen andere wichtige Impulse“.
Bislang seien drei Standorte auf das neue System umgestellt und die Fachkräfte können dort zu verlässlichen Arbeitszeiten bis zu sieben Stunden täglich Bildungs- und Erziehungsarbeit anbieten, zwei weitere Standorte folgen in den nächsten Monaten. Das Offenburger Modell wird bei Fachkräften positiv wahrgenommen und die Zahl der Bewerbungen habe spürbar zugenommen – so der Bürgermeister.
Um weiter erfolgreich zu sein, brauchen wir jedoch Unterstützung auch vom Land, so Kopp an Schoch gewandt. „Durch die Aufteilung auf sieben + zwei Stunden fallen wir aus der Ganztagsförderung des Landes heraus.“ Nötig sei auch eine Öffnungsklausel, die zusätzlichen Trägern mehr als die bisher möglichen zehn Wochenstunden erlaubt. „Wir müssen die gesetzlichen Regelungen anpassen.“
Man habe sich in Baden-Württemberg zu lange nicht um die frühkindliche Bildung gekümmert, gab Stoch zu. Inzwischen sei der Personalschlüssel zwar gut, doch die gesellschaftliche Wertschätzung des Erzieherberufes könne besser sein. Man müsse sich auch überlegen, wie man Erzieher*innen wieder in den Beruf zurückbringt. Schoch fordert in Schulen wie in KiTas Arbeitsteilung, wie sie in anderen Ländern selbstverständlich sei. So würden personelle Ressourcen frei und Lehrer und Erzieher könnten sich ausschließlich auf ihre Bildungsaufgaben konzentrieren. Schoch plädiert für mehr Eigenverantwortung und Entscheidungskompetenzen bei Schulleitern und für „Teamteaching“, das nachgewiesenermaßen bei Lehrenden wie Schülern die Zufriedenheit erhöht, die Belastung verringert und die Lernerfolge vergrößert.
Frühkindliche Bildung sei eine gesellschaftliche Aufgabe, weswegen sie auch im Koalitionsvertrag stehe. Sie müsse gebührenfrei sein, denn „mit (frühkindlicher) Bildung bauen wir an der Zukunft des Landes. Wer das unterschätzt, macht einen fundamentalen Fehler.“ Änderungen seien notwendig, die SPD sei dafür offen.